»Eine Anekdote aus der Jugend des Hans-Jürgen Schultz«
von Ulf Schleth
Ich ich ich immer nur ich wollte nach Hause, trat durch die Tür, die ich offengelassen hatte auf den Hof, da kam ein Typ auf mich zugekrochen, ganz warm angezogen, war ja auch kalt, der stank erbärmlich, aber er hielt eine Kinderzeichnung in seinen Händen, während er auf mich zurobbte. Ich beugte mich zu ihm runter und konnte riechen, daß er in die Hosen gemacht hatte, beides, Pipi und AA. Auf dem Bild war das aquarellene Blau des Meeres zu sehen und ein Haufen Kinder, die sich auf einer Insel vergnügten. „Warum kriechen Sie hier durch den Schlamm, guter Mann und warum halten Sie dieses Bild in Händen, warum scheuern Sie sich die Ellenbogen blutig? Es berührt mich in meinem Innersten, dieser Kontrast. Ihnen muß unermeßliches Unglück widerfahren sein.“
Er nuschelte irgendwas, ich beugte mich runter zu ihm, da biß er mir ins Ohr und riß es mir fast ab. Ich schrie und trat nach ihm, da schrie er zurück: „Verpiß dich doch du blöde Studentensau, hau ab von hier, nach Hause, kuschel mit Mama, kriech zurück unter Mamis Rock, zurück in ihren fetten Bauch, wo du herkommst, du dummes Stück Dreck, du weißt nichts von gar nichts, du bist oberflächlich bis ins Mark, du weißt nicht, was und wie das Leben wirklich ist. Was hast du schon gemacht? Kindergarten, Grundschule, dann gleich Abitur und immer schön gradeaus, dann noch ein bißchen Zivildienst, DU SCHEISSLANGWEILIGES GUTMENSCHENGESOCKS, OOOH, wie ich euch hasse, ihr GUTMENSCHEN immer bloß alles richtig machen, bloß immer zu allen nett sein, FICK DICH INS SCHEISS KNIE, FICK DEINE SCHEISS MUTTER, immer gradeaus, du hast keine Ahnung, du hast nie gelitten, dir gings immer gut, immer alles schön warm, immer zu essen, sogar deine SCHEISS ELTERN LEBEN NOCH, dein Papa, wie der deine Mama gefickt hat, auf soner scheiß Studentenparty, ne scheiß GUTMENSCHENPARTY, Ingenieursball, oder in nem stinkenden geheizten VW GOLF oder was weiß ich und du DUMME ARSCHVOTZE, du hast doch immer noch dein schlechtes KOLLEKTIVGEWISSEN mit dem dritten Reich, dabei ham wir das doch nun wirklich durch von vorne bis hinten so wie dein Vater deine Mutter und Du Deine gutriechenden BESCHISSENEN STUDENTINNENFREUNDINNEN die alle einen auf Gender-Studies machen, genau wie du, DU SCHWACHKOPF DU DÄMLICHER VOLLIDIOT ICH PISS DIR IN DIE BLÖDE FRESSE, das hier ist das Leben, das ist das Leben, das Leben …“
Der Typ fing an zu weinen und wurde etwas leiser, seine Tränen tropften in das Wasser des blauen Meeres, das er in Händen trug, eine Träne tropfte auf das Gesicht eines der Kinder auf der Insel, das daraufhin auch weinen mußte. „… das WAR das Leben, mein Leben, aber du und deinesgleichen, was hast du gemacht? was hast du FRÜHER GEMACHT? Warstn kleiner Rocker odern Punk, oder wenigstens n ehrlicher Popper? Neee, n kleiner Punk, der sich die Stiefel mitm Geld von Mama gekauft hat, oder son verschissener DEATH METAL SATANISTENSCHWACHMAT, DU SCHEISS LOOSER, SELBST DEIN PROTEST IS NOCH DÄMLICHES GETUE, FASSADE, NIX DAHINTER, dein ganzes VERFICKTES LEBEN ist doch ne einzige billige Schmierenkomödie! Und was kommt als nächstes? NE NEUE BESCHISSENE GUTMENSCHENFAMILIE, ne Alte rammeln und noch son paar kleine FETTE WEISSE MADEN zeugen, ja? Hat er einen Kinderwunsch, die Studentenschwulette? Ganz viele kleine SCHEISSKINDER?“ Er brach in einen Schwall von Tränen aus, seine Stimme wurde so schrill, daß es mir beinah die Trommelfele zerriß.
„MEINE KINDER, MEINE KINDER“. Er weinte herzzerreißend. „Es gibt keinen scheiß Gott, es gibt keinen scheiß Allah, keinen scheiß Mohammed und keinen scheiß Jesus und Hitler der Arsch ist auch tot, SIE SIND ALLE TOT, die Religionen, die GROSSEN RELIGIONEN und ihre FÜHRER, alle haben sie uns allein gelassen, die SCHWEINE und was bleibt mir? SON LACKIERTER DÄMLICHER STUDENTENPINSEL WIE DU … wo gehst du hin, AUF NE PARTY, ja, auf SONE GEILE PARTY, wo du und DEINE BESCHISSENEN STUDENTENFREUNDE in ner Ecke stehen und an ihrem Bier nuckeln, wie DAMALS AN MAMAS TITTEN? Und dabei schön die GEILEN TITTEN VON EUREN GEILEN kleinen GUTMENSCHINNEN begaffen? Und dann FICKI-FICKI und drüber und NOCH MEHR STINKENDER BIOMÜLL? Das seid ihr, dreckiger, stinkender, weißer BIOMÜLL! Jahr um Jahr türmt sich euer fauliges Fleisch Schicht um Schicht auf und IMMER WIEDER KOMMT NEUES DAZU DA IST GAR KEIN ENDE IN SICHT. Die Ingenieurinnen ficken die Germanisten und andersrum und ficken und bauen Staudämme und ficken und schreiben BESCHISSENE SCHÖNE LITERATUUUUR UND IMMER SCHÖÖÖN DAS SYSTEM AM LAUFEN HALTEN! Dieses bekackte NUTTENSYSTEM IMMER SCHÖN ALLE IHREN ARSCH HINHALTEN JAAA SCHÖÖÖN HINHALTEN DA UND IMMER SO WEITERMACHEN UND IMMER REIN DA UND WIEDER RAUS DA UND DRUMHERUM BIS DIE GANZE KACKE, BIS DER GANZE STINKENDE MISTHAUFEN ÜBERQUILLT UND ALLES ERSTICKT in einer RIESIGEN SCHEISSLAWINE IHR VERSCHISSENEN GUTMENSCHENARSCHLÖCHER“.
Er spuckte mir ins Auge. Die glibbrige Spucke rann mir langsam über die Wange bis runter auf meinen Mund. Ich wischte mir die Spucke mit dem Ärmel weg. „Entschuldigen sie“, sagte ich, „ich bin kein Student. Und ich bin nie einer gewesen. Ich bin Maurer.“ Und schoß ihm ein großes Loch mitten ins Gesicht.